Hamburg im Herbst 2014 – Denn sie wissen, was sie tun

Vorab aus dem Transmitter für November:
Hamburg im Herbst 2014 – Denn sie wissen, was sie tun

In der dritten Oktoberwoche greifen mit Macheten, Stöcken und Messern Bewaffnete an. Die längst zur Hilfe gerufene Polizei steht passiv daneben und schaut zu. 14 Verletzte. Vier von ihnen so schwer, daß sie auf der Straße lagen. Lange lagen, bis Krankenwagen und Notärzt*innen eintrafen. Wir erinnern, daß am 12. Mai 2012 gleichermaßen Schlimmes in Köln gegen zur Durchsetzung eines PRO NRW Marsches eingesetzte Polizei geschah. Über Monate war dieser Angriff kontinuierliches öffentliches Thema. Was macht den Unterschied?

Dem FSK liegen drei Augenzeug*innenberichte vor, denen zu entnehmen ist, daß es Angreifer und Angegriffene gegeben hat am Abend des 7. Oktober 2014 auf dem Hamburger Steindamm. Der Polizei waren aus dem Kurdischen Verein um 20.00 Uhr und aus der Moschee um 21.00 Uhr Notrufe zugegangen. Als die Polizei mit größeren Einheiten schließlich, mehr als drei Stunden nach dem ersten Hilferuf eintraf, wurden Bilder eines vorgeblichen Einsatzes geschaffen. Tatsächlich entließ sie eine Gruppe mutmaßlicher Täter ohne Personalienfeststellung. Beim Innensenator Schill Nachfolger und Vorvergänger Neumann hieß es später, die „Gewalttätigkeiten gingen nicht nur von Menschen aus Kurdistan aus“ (NDR-11.10.). Mit diesem Deutungskern ist dieser Innensenator zum Sprecher aller derer geworden, die den Hamburger 7. Oktober zur Fortschreibung der aus dem NSU Komplex bekannten Täter-Opfer Umkehr nutzen. Ein gewiß harter aber treffender Vorwurf, unter dem der gesamte Hamburger Senat sich nicht wegducken sollte. Denn es waren in den vier, auf den ISISsolidarischen Angriff auf die Menschen vor dem Gebäude der Kurdischen Vereins folgenden Tagen, eine Reihe von Politiker*innen, Polizeiführern, Gewerkschaftern und Journalist*innen, welche die Deutung des Innensenators teilten, als hätte es die Erkenntnisse des institutionellen Rassismus aus den NSU Ermittlungen nie gegeben. Es bedurfte keines Geisterbeschwörers, es bedurfte keiner Abstimmung der Aussagen. Die Sprache erfolgte als Reflex (1x 'Hamburger Abendblatt', 7.10. - 1x 'Die Welt', 8.10.):

Nach Demonstration: Bewaffnete Gruppen von Kurden ziehen durch St. Georg“ / „Die gegenseitigen Provokationen eskalierten schließlich in jenem brutalen Straßenkampf, den die Polizei nach kurzer Zeit mithilfe von Wasserwerfern beenden konnte.“ Die Untätigkeit der Polizei im Zeitkern des Geschehens wird verhüllt und mit den beidseitigen Täterzuschreibungen wird die wahrscheinlich größte und umfassenste rassistische Polizeikontrolle am Freitag nach den Angriffen begründet. Nach ihrem Versagen wird der Polizei Handlungsfähigkeit zugeschrieben: „Man hatte, zum Glück, den richtigen Riecher gehabt, als man diverse hiesige Einsatzgruppen, die schon auf dem Weg nach Celle gewesen waren, um die niedersächsische Polizei zu unterstützen, in die Hansestadt zurückrief.“ (Die Welt und ursprünglich auch das Hamburger Abendblatt). Ganz Hamburg glaubt die Polizei Lügen. Das Abendblatt hat besagte Überschrift schließlich korrigiert und dabei das Erscheinungsdatum übersehen; die Welt hat den betreffenden Artikel ein wenig versteckt; zu peinlich. Tatsächlich haben die Wasserwerfer und Einsatzkräfte am 7. Oktober 2014 gegen 23 Uhr Alsterdorf verlassen.
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