„Erst später kamen Kommunisten und Steinewerfer hinzu.“ (Eine Verteidigung)

Das kollektive Zentrum im Hamburger Münzviertel ist von Räumung bedroht... #kozehh

„Erst später kamen Kommunisten und Steinewerfer hinzu.“ (Eine Verteidigung) Vorab aus dem Transmitter August und September:

“Dem Antikommunismus ist zu allererst vorzuwerfen, dass er die Verbrechen des Stalinismus verharmlost. Nicht weil in den Gulags neben den Menschen auch noch eine Idee gemordet worden wäre – was für ein zynischer Einfall –, sondern weil erst der Kommunismus das historisch einklagbare Anrecht in die Welt gezwungen hat, keine Entmündigung hinnehmen, nicht eine einzige Erniedrigung mehr ertragen zu müssen. Seit dem ist noch das kleinste Unrecht größer und das größte schmerzt um ein Vielfaches mehr.” (Bini Adamczak in: gestern morgen - Über die Einsamkeit kommunistischer Gespenster und die Rekonstruktion der Zukunft)

Das kollektive Zentrum im Hamburger Münzviertel KoZe ist von Räumung bedroht und dem Hamburger Abendblatt fällt ein, zu schreiben: „Erst später kamen Kommunisten und Steinewerfer (im KoZe) hinzu.“ Am gleichen Tag schreibt Die Welt zum Wutzrock Festival: „... Anlass für das erste Wutzrock Festival 1979. Damals gab es in Hamburg überall einen verzweifelten Kampf um die Jugendzentren, denen nach und nach die finanzielle Grundlage seitens der Stadt entzogen wurde. Heute wäre es vermutlich schwer, für solche Anliegen noch Demonstrationszüge zu mobilisieren.“

Antikommunismus war damals ein ganz starkes Motiv gegen selbstorganisierte und selbstverwaltete Jugendzentren vorzugehen. Offensichtlich ist dieses Motiv bis heute hinreichend, jedes Aufbegehren, jedes Selbstbestimmungsbegehr und freiheitliches Bestreben zu deunzieren um es dann mit Gewalt zu unterdrücken. Im Fall des KoZe im Münzviertel ist es einmal mehr die Deutsche Polizeigewerkschaft, die, wie schon seinerzeit in der Hafenstrasse wie aktuell immer noch um die Rote Flora zum permanenten Krawall bürstet. In Tun und Denken ist sie innig verbunden mit den Rechtspolitikern teutonischem Entsprungs. Eine Kostprobe des innenpolitischen CDU Sprechers Dennis Gladiator: "Es darf in Hamburg keine rechtsfreien Räume geben. Das gilt gerade für die linksextreme Szene, für die es keinen Platz in unserer Stadt gibt."

Diese Worte sind aktuell gefallen, noch vor dem ersten großen Polizei Einsatz gegen das KoZe im Münzviertel und waren in einem Artikel gemeinsam mit Zuschreibungen aus ausgerechnet dem Hamburger Staatsschutz formuliert. Zeitgleich erfahren wir bundesweit die größte Welle rassistischer Ausschreitungen und Angriffe seit den Neunziger Jahren. Weder sind diese in vergleichbarer Weise thematisiert noch haben Staatsschutz und Polizei sich dazu in ähnlicher Dimension wie im Fall des KoZe verhalten und verlautbart. Ende der siebziger Jahre und in den achtzigern, als die Jugendzentren geschlossen wurden und waren, gab es im (BRD)-Hamburg rassistische Morde. Am 22. August 1980 verübten Hamburger Nazis einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Billstedt und töteten die zwei Bewohner*innen Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân. Am 24. Juli 1985 wurde in Hamburg Langenhorn Mehmet Kaymakcı von drei Hamburger Nazis erschlagen. Anschließende Aussage: „Wir wollten den Türken fertigmachen“. Am 21. Dezember 1985 wurde am S-Bahnhof Landwehr Ramazan Avci von Nazis erst mit dem Auto angefahren und dann am Boden liegend ins Koma geprügelt und getreten. Er starb am 24. Dezember im Krankenhaus.

Verteidigung blieb den migrantisierten Menschen weitgehend selbst überlassen; wofür im Übrigen sie sich dann häufig auch noch skandalösen Kriminalisierungen der deutschen Organe der Rechtspflege ausgesetzt sahen. Aus den Jugendzentren hätten Formen gemeinsamer antifaschistischer Organisierung hervorgehen können, wie es im Fall des Café Flop in Bergedorf auch geschah und bis heute geschieht. Aus dem KoZe sind die ersten wirksamen Unterstützungen für die Flüchtlinge in Jenfeld entstanden. Diesen und nicht der Polizei ist es zu verdanken, daß es dort bis zum Zeitpunkt der Niederschrift dieser Zeilen keine direkten Angriffe auf die Flüchtlinge selbst gegeben hat. Im Zeichen des Antikommunismus, einer der ganz tiefen Wurzeln der deutschen Nazis, bleibt ein solcher Zusammenhang gänzlich ausgeblendet. Hr.Home

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