Am Samstag den 31.12 von 14 - 20 Uhr: Altona Abroad

Dazwischen flanieren wir durch Altona, staunen über das Verschwinden der Straßenmusiker in der Ottenser Einkaufsmeile, die Verwandlung der Großen Bergstraße und eine subventionierte Kulturetage. Rätseln über neue Wohnanlagen, die sich "Lebensfreude Altona" nennen, die einschläfernde Bürgerbeteiligung an Hamburgs größten Bauprojekt in den nächsten Jahren und Bunker die sich in Energielieferanten verwandeln sollen.
Und, wir stolpern hinein in den Salon für die Hamburger Kreativwirtschaft "wildWECHSEL 2011" (11.11.11). Inmitten der "kreativen Revolution" und anderen kulturpolitischen Spezialitäten führten wir einige Interviews mit illustren Gästen aus der Hamburger Kulturszene (Willfried Maier, Kultursenatorin Barbara Kisseler…).
Im Studio: Michel Chevalier, Jon Hagen, Judith Haman, Lena Kaiser, Heiner Metzger, Rahel Puffert.

Kontakt: redaktion3 [at] fsk-hh [dot] org
Link: www.hierunda.de

http://www.fsk-hh.org/blog/20

http://www.fsk-hh.org/blog/2011/12/29/am_samstag_den_3112_von_14_20_uhr_...

An alle, die sich um die Straßenmusik wirklich sorgen:

In dem oben aufgeführten Link lese ich mit Erstaunen, dass man beim Flanieren durch Altona, staunen will - über das Verschwinden der Straßenmusiker in der Ottenser Einkaufsmeile.

Da ich mit dem Thema Straßenmusik speziell in der Ottenser Hauptstraße und eben speziell in dieser Einkaufsmeile zwischen Bahnhof und Spritzenplaz seit gut 6 Jahren bestens befasst bin, muss ich natürlich sagen, dass mich diese Aussage vom angeblichen Staunen der/des Linkverfassers/in eigentlich dann doch nicht erstaunt.

Aufgrund der jahrelangen sehr direkten Kontakte mit sehr intensivem Interesse an und mit Musikern/innen, Passanten/innen und Anwohner/innen weiß ich inzwischen, dass zwischen der Wahrnehmung und eben dem daraus resultierenden Verständnis von Passanten und Anwohnern Welten klaffen und das hat mich doch sehr bescheiden gemacht bezüglich eines Anspruchs, dass Menschen für einander Verständnis aufbringen könnten, wenn sie den Blick und die Situation für die jeweils andere Seite nicht durch eigenes Erleben nachvollziehen wollen oder können.

Vorweg möchte ich schon mal deutlich machen, dass die Straßenmusik natürlich nicht verschwunden ist und auch nicht weniger geworden ist. Insofern ist diese Wahrnehmung schon mal nicht verständlich.

Die Anwohner bemühen sich hingegen seit gut 2 Jahren als gesamte Gruppe darum (wobei auch schon vorher immer Anwohner vereinzelt sich an die Behörden gewandt haben), dass die schon seit "immer" bestehenden Regelungen zur Straßenmusik die Musiker auch zur Kenntnis bekommen. Nur darum geht es! In den Medien werden diese schon immer bestehenden Regelungen teilweise so hingestellt, als ob sie nun etwas Neues seien.

Die Linkverfasser haben offensichtlich von dieser Bemühung der Anwohner erfahren, die ja nun durch alle Medien offensiv auch von uns Anwohnern bekannt gemacht wurde, damit es jede/r, der guten Willens ist, es auch nachvollziehen kann. Auch über den RaS-Verteiler habe ich es schon vor Monaten bekannt gemacht.

Nun scheinen diese Verfasser irrtümlicherweise zu glauben, dass die Anwohnerbestrebung dazu geführt habe, dass die Straßenmusik verschwunden wäre.

Richtig hingegen ist, dass unsere Bestrebung noch überhaupt nicht in Kraft getreten ist und noch keinerlei Einfluss auf die Straßenmusik hat.

Jedoch ist es seit Jahren so, dass einige Anwohner und Praxen wohl das Merkblatt kennen und dann unabhängig von einander (sei es Wohnungsmieter oder Arztpraxen) den bezirklichen Ordnungsdienst anrufen, wenn die Musik z.B. mit elektronischer Verstärkung für den einen oder anderen - je nach Nähe zum Musiker - unerträglich wurde.

Die Musiker hingegen haben entweder keine Ahnung von solchen Regelungen oder andere die zwar schon mal was von Regelungen gehört haben, denken, dass es wohl mehr mit Zufall zu tun hat, ob sich jemand beschwert oder nicht.

Das mutet für die Musiker wie Willkür an und ist auch unwürdig. Ich habe viele Gespräche mit den unterschiedlichsten Musikern geführt und es war darunter bis her nicht ein Einziger, der genaue Kenntnis vom Inhalt der bestehenden Regelung für Straßenkunst- und Theater hatte.

Am besten schildere ich meine eigene Geschichte der Straßenmusik:

Als meine Frau und ich beschlossen, beruflich nach Ottensen zu ziehen, hatten wir Sorge, dort überhaupt eine Wohnung zu finden und wunderten uns, dass im Mercado gleich 2 Wohnungen frei waren, die wir uns aussuchen konnten. Die Mieten sind dort auch nicht höher als im Durchschnitt übriger Wohnungen in Ottensen. Warum das so ist, merkten wir dann später.

Viele Straßenmusiker und auch Passanten sind immer wieder echt erstaunt, wenn sie erfahren, dass über den Schaufenstern vom Mercado 42 Wohnungen sind. In dem Abschnitt zwischen Bahnhof und Spritzenplatz sind über 120 Wohnungen und über 20 Praxen (hauptsächlich Ärzte) betroffen.

Wir zogen im Februar 2005 ein und freuten uns richtig über die zentrale Lage und dass wir so die Straßenmusik direkt vor der Tür hatten. Wir lieben Straßenmusik und halten sie auch für eine wichtige Kultur. Oftmals gingen wir runter, um die Musik unmittelbar zu genießen.

Wir pflegten und pflegen noch immer viele schöne Kontakte mit den Musikern und Musikerinnen. Eine Musikerin, die sicher viele Ottenser in den Jahren 2005 bis 2008 oft vor dem Mercado mit ihrem wunderschönen Gesang und ihrem einmalig virtuos beherrschten Akkordeonspiel kennen gelernt haben, hat dann schon mal öfter bei uns übernachtet, weil sie von außerhalb anreisen musste.

Irgendwann wurde es zu einem Ritual, dass sie von uns einen stabilen Hocker und eine große Flasche Wasser von uns heruntergebracht bekam, damit sie nicht auf den nackten Steinen bei den Baumeinfassungen sitzen musste.

Auch der nette Bulgare, der schon auf der Titelseite von Hinz und Kunz abgebildet wurde, gehört seit jener Zeit bis heute zu den Musikern, die wir täglich (jedenfalls immer, wenn wir ihn treffen) mit einer Münze bedenken. Er ist zwar Bulgare aber spricht Türkisch, da er aus einer türkisch sprechenden Region in Bulgarien kommt. Irgendwie können wir uns verständigen.

Auch die Akkordeonspielerin brachte es auf die Titelseite von Hinz und Kunz und kam irgendwann nicht mehr in die Ottenser Hauptstr.. Sie wurde nicht ein einziges Mal von Ordnungskräften oder Anwohnern wegen zu lauter Musik angegangen. Sie tritt schlicht heute anderweitig auf und hat viele Engagements, so dass sie schon lange hier nicht mehr her kommt, so sehr wir uns das auch wünschen. So wie wir haben aber viele Passanten von ihr CDs.

So haben wir Sie auch am 27 Januar 2011 für den wahren Kulturgipfel in der vollbesetzten Fabrik engagiert. In dem nachfolgenden Link kann man sie am Anfang bewundern.

http://www.youtube.com/video/Pz0u1dyA85c

Das sollen nur herausgehobene Beispiele sein. Daneben gab es viele weitere schöne Kontakte zu vielen Straßenmusikern.

Um so erstaunter waren wir, dass wir dann mit erlebten, wie der Bezirksordnungsdienst einmal einen Musiker zum Aufhören aufforderte. Er spielte mit elektronischer Verstärkung. Als ich das mitbekam, versuchte ich dazwischen zu gehen und fragte, die BOD-Beamten, warum der Mensch nicht spielen dürfe. Sie sagten, dass von Anwohnern Beschwerden gekommen seien. Ich sagte da noch lauthals, dass ich auch Anwohner sei und möchte, dass der Mensch hier spielen kann.

Wenig später kamen wir mit einem anderen ehemaligen Anwohner ins Gespräch, den wir zufällig trafen und wunderten uns, dass wir ihn lange nicht gesehen hätten. Er sagte, dass er wegen der Akkordenonspielerin ausgezogen sei. Er hätte das nicht mehr aushalten können, fast jeden Tag diesen Gesang und das Akkordeon hören zu müssen.

Wir wollten das zuerst gar nicht glauben, dass er "unsere" Akkordenonspielerin meinen könnte, deren Musik wir zum Hinschmelzen lieben. Aber es war kein Missverständnis. Er hatte seine Wohnung im Mercado direkt über dem Platz, wo sie immer auftrat.

Dabei konnten meine Frau und ich gar nicht genug von der Kunst dieser Künstlerin bekommen. Das machte uns aber dann doch erstmals etwas nachdenklich. Irgendwann stellte meine Frau immer öfter fest, dass sie speziell bei elektronischer Verstärkung und Trommel-Rhythmen stets einen erhöhten Blutdruck bekam. Ich selbst merkte davon erstmal nichts. Als ich aber darauf achtete, stellte ich dieses Phänomen auch bei mir fast.

Irgendwann bekam ich ein Ohrpulsen und ging zum Ohrenarzt, der mir erklärte, dass so etwas von einer akustischen Überreizung und somit Anstrengung kommen könne. Da ich unangemeldet gekommen war, musste ich fast 2 Stunden im Wartezimmer verbringen und hörte nun selbst den netten Bulgaren die ganze Zeit spielen, was mich aufgrund meines Ohrleidens dann derart
störte, dass ich es im Wartezimmer nicht mehr aushalten konnte und einen separaten Raum nach hinten angeboten bekam.

Meine Frau und ich versuchten uns dann in der Folgezeit bei zu lauter - speziell elektronischer und Trommel-Musik - damit zu behelfen, die Fenster zu schließen. Das reichte aber nicht, so dass wir während solcher Auftritte dann immer öfter unsere Wohnung verließen und uns in ein abseits gelegenes Cafe setzten. Das war aber naturgemäß nicht ohne Ende möglich, da wir ja auch beide berufstätig sind und in unserer Wohnung gleichzeitig unser Home-Office haben und nicht deswegen ständig die Arbeit unterbrechen konnten.

Neben der Straßenmusik finden ja in diesem Abschnitt auch noch zahlreiche Feste statt, Altonale, Extravaganza, Alafia, Weihnachtsmarkt und noch zahlreiche Sonderveranstaltungen jedesmal mit extrem lauter Elektronikmusik, so dass die lauten Bass-Rhythmen ein Aufenthalt in der Wohnung nicht mehr erlauben.

Ein Anwohner berichtet, das in seiner Altbauwohnung der Fußboden vibriert und er versucht mit einem Kopfhörer (den er als Lärmschutz auf dem Flughafen benutzt) in der Wohnung zu bleiben. Auf dem Flughafen könne er es mit diesem Lärmschutz aushalten. In der Wohnung wäre es bei manchen Lautstärken trotz dieses Lärmschutzes nicht mehr möglich.

Bei der ersten Altonale, die wir in unserer neuen Wohnung erlebten, wurde direkt vor unserer Wohnung eine Astra-Bühne aufgebaut. Die Bässe waren so laut, dass die Tassen im Regal vibrierten und die Rhythmuswirkung unseren ganzen Körper erfasste. Wir mussten die Wohnung sofort verlassen. Ein Aufenthalt war solange nicht mehr möglich.

Bei der letzten Alafia war die Lautstärke so schlimm, dass wir von einem Ehepaar erfuhren, das nun weitab in der Julius-Leber-Str. noch davon derart betroffen war, dass ihr Kind davon eine Panik-Attacke bekam und sie mit dem Kind nach außerhalb von Hamburg gefahren sind.

Meine Frau und ich trösteten uns gegenseitig damit, dass wir uns sagten, eine andere Wohnung zu suchen. Aber bis heute haben wir in ganz Ottensen keine andere Wohnung gefunden.

Im Sommer 2010 war wieder eine Trommelgruppe vor unserer Wohnung. Eine halbe Stunde darf nur gespielt werden, dann sollte die Gruppe 150 Meter weiter ziehen. Dafür ist die Stadt Hamburg nun wirklich groß genug. Die Gruppe hörte aber auch nach 2 Stunden nicht auf und wir konnten an dem Tag unseren Arbeitsplatz nicht verlassen.

Dann passierte es: Der Blutdruck bei meiner Frau stieg ins "unendliche" (bei mir auch). Sie sackte zusammen. Ein Rettungswagen musste kommen. Sie stellten bei meiner Frau einen Blutdruck von 225 fest. Er muss zuvor sogar noch höher gewesen sein. Der Notarzt sagte, dass sie kurz vor einem Herzinfarkt war. Dabei haben sowohl meine Frau und ich normalerweise eher einen zu niedrigen Blutdruck - also keinesfalls einen chronisch zu hohen.

Da bekam ich konkret Angst um unsere Gesundheit und letztlich um unser Leben (konkret durch den Vorfall um das Leben meiner Frau).

Wir beide wollten jetzt wissen, ob wir hier irgend eine besondere Ausnahme sind und einfach möglicherweise zu empfindlich sind und haben die Nachbarn systematisch befragt, wobei es uns zu anstrengend war, alle Wohnungen in der Ottenser Hauptstr. zu befragen. Wir beschränkten uns nur auf die 42 Wohnungen im Mercado und auf die über 20 Praxen in dem besagten Abschnitt in der Ottenser Hauptstr.

Später, als andere Anwohner von unserer Initiative erfuhren, meldeten sich weitere Betroffene.

Die Leute berichteten uns erschütternde Dinge und wir erhielten neben dem, was sie uns sagten hinterher noch viele individuelle Berichte per Mail oder Fax. Daraus hier einige Auszüge:

(Bei der Befragung sind wir so vorgegangen, dass wir jedem erklärten, dass wir ein Meinungsbild der Anlieger/Nachbarn zu diesem Thema erstellen wollen.)

Befragung bei den Praxen (hauptsächlich Ärzte) in dem relevanten Abschnitt:
Praxis a.):

Der Sprecher sagte, dass die Straßenmusik die Arbeit der gesamten Praxis oft stark beeinträchtigt. Man kann sich dann nicht mehr richtig konzentrieren. Die Praxis hat danach noch eine Mail geschickt: „Im Namen der Kollegen und Angestellten...........Wir werden bereits seit Jahren von zu lauter und zu langer Straßenmusik vor unseren Büroräumen gestört und belästigt. Durch die baulichen Gegebenheiten entsteht akustisch eine „Verstärkerwirkung“, so dass wir............teilweise Schwierigkeiten haben, das gesprochene Wort zu verstehen........, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. ….....bei arbeitsintensive Tätigkeiten sind wir auf den Sonntag ausgewichen, da nur am Sonntag Ruhe herrscht. …...als Nothilfe auch …...bei Polizei angerufen......kurze Zeit später kam ein anderer (Musiker) und der Lärm begann erneut von Vorne.

Praxis b.):

Die Frau an der Rezeption sagte, dass die Straßenmusik sehr stört und sie durch die Straßenmusik oftmals die Türklingel nicht mehr hört und wenn der Arzt sie ruft, muss sie die Anlage lauter stellen. (was eigentlich die Patienten nicht hören sollten).

Praxis c.):

Die Sprecherin sagte, dass die Straßenmusik immer störender wird und meinte, dass es früher Trommeln und Schlagzeug nicht gegeben habe, die jetzt sehr störend seien und dass immer mehr ganze Bands kommen. Bis vor kurzem hatten sie eine Mitarbeiterin, die in der Lage war, sehr resolut aufzutreten, die sie dann runter geschickt hätten, um der Musik Einhalt zu bieten. Leider sei sie nicht mehr bei ihnen. Auch diese Praxis hat uns noch eine Mail geschickt: „.....Wir würden es sehr begrüßen, wenn Sie tatsächlich erreichen könnten, dass die bestehenden Regelungen auch eingehalten würden, was den Interessen von uns Anliegern nur gerecht würde. ….....Drei bis vier gleiche Stücke in ständiger Wiederholung über einen Zeitraum von manchmal bis zu 2 Stunden oder mehr hören zu müssen, ist schon schwer zu ertragen. Völlig unzumutbar ist jedoch die Lautstärke. Es wird nämlich mit elektrischen Verstärkern gearbeitet, es werden Schlaginstrumente eingesetzt und es treten ganze Bläsergruppen auf, die sich auch noch von Schlaginstrumenten begleiten lassen. Der Lärm ist teilweise so groß, dass in unserem Büro weder eine Unterhaltung geführt noch telefoniert werden kann."

Praxis d.):

Die Frau an der Rezeption sagte, dass die Straßenmusik sehr stört und es wichtig wäre, wenn das mal bald ein Ende hätte. Am nächsten Tag hat der Arzt uns noch unabhängig davon ein Fax geschickt, worin er u.a. unter Punkt 1. zum Thema Straßenmusik schreibt: „Lautstärke und Ausmaß der Musik stört den Praxis-Betrieb.“

Praxis e.):

Die Frau sagte, dass sie durch die Straßenmusik besonders bei Schreibarbeiten, wo man doch sehr sorgfältig arbeiten muss, große Schwierigkeiten hat, sich konzentrieren zu können. Sie sagte dann noch, wenn sie mit Patienten darüber spricht, dass diese dann manchmal sagen, wie toll sie die Musik fänden. Die Besucher gehen dann nach kurzem Reinhören wieder weg, während sie und ihre Mitarbeiterinnen der Straßenmusik während der Öffnungszeiten niemals entrinnen können. Wenn sie dann versucht, die Musiker anzusprechen, waren nur selten welche einsichtig. Meistens würde man sogar noch beschimpft. Die Frau hat uns ebenfalls noch eine Mail geschickt mit folgendem Inhalt: „.....hiermit teile ich Ihnen mit, dass die Belästigung mit der Straßenmusik in letzter Zeit sehr stark zugenommen hat. Dies beeinträchtigt sehr stark unsere Arbeit. Wir verkaufen nicht irgend welche Sachen, sondern beraten kranke Menschen, was sehr viel Konzentration erfordert."

Praxis f.):

Beide Damen an der Rezeption sagten, dass die Straßenmusik bei der täglichen Arbeit sehr stört und nannten dann als Beispiele eine Dixiband mit Pauke und andere Elektronikmusiker, was sehr nerven würde. Auch von dieser Praxis erhielten wir anschließend noch eine Mitteilung als Fax: "..........es stört die – vor allem laute Musik unseren Praxisablauf. Z.B. bei unseren Telefonaten u. Patientengesprächen, ebenfalls bei unseren Untersuchungen an Geräten. Bei offenen Fenstern ist eine Unterhaltung oft schwierig.“ Das Fax wurde sowohl vom Arzt als auch von allen Mitarbeiter/innen unterzeichnet.

Praxis g.):

Der Herr, der sowohl Praxis als Wohnung dort hat, sagte gleich, mit dem Thema Straßenmusik rennen Sie bei mir offene Türen ein. Er habe selber schon dagegen eine Eingabe bei der Behörde gemacht, aber es hat sich leider nichts geändert. Er fühlte sich sehr stark von der ständigen Straßenmusik beeinträchtigt und nannte als Beispiel, dass sogar abends um 23 h noch ein Saxophon-Spieler in Aktion war.

Praxis h.):

Es empfing uns ein Herr, der sagte, dass seinem (Chef) die Musik wohl nicht stören würde, weil er sein Zimmer nach hinten raus hat. Er selbst finde die Straßenmusik nicht so schlimm – weil die Auftritte auch wohl erst gegen Abend intensiver werden, wo er schon Feierabend hat. Einmal hätte er bis spät in die Nacht hinein arbeiten müssen und da hätte ein Straßenmusiker, der so spät unentwegt noch spielte, ihn lobenswerter Weise wach gehalten.

Praxis i.):

An der Rezeption waren drei Frauen von der Arztpraxis anwesend, die unisono erklärten, dass sie in der Praxis durch die Straßenmusiker sehr gestört würden. An der Situation müsste sich dringend etwas ändern.

Praxis j.)

Wir kamen zu einer Zeit, wo die Praxis geschlossen war. Der Arzt war aber selbst noch anwesend und nahm sich bei unserem Anliegen sofort Zeit für uns. Er sagte, dass er seit 10 Jahren die Praxis hat und immer wieder versucht hat, etwas gegen die Belästigung durch Straßenmusik - sprich gegen die Auswüchse und Übertreibung - zu unternehmen. Ihn mache schon „verrückt“, wenn er den ganzen Tag lang Akkordeon hören müsse, dabei sei es egal, ob die Personen wechseln, ob der Vater, der Sohn oder der Schwager nonstop Akkordeon spielen. Wenn er bei der Polizei angerufen hat, haben diese ihm gesagt, dass das Ordnungsamt zuständig sei und wenn er dort angerufen hat, wurde er an die Polizei verwiesen. Von sich aus schrieb er uns spontan eine Erklärung auf, die er uns aushändigte: „Ich fühle mich sehr belästigt durch die dauernde Musik, die in keiner Weise Bedürfnisse der Anlieger respektiert geschweige denn die dafür vorgesehenen Auflagen. Die dafür zuständigen Stellen von Ordnungsamt und Polizei ergänzen sich darin, dass jeweils ihrer Aussage nach der jeweils andere zuständig sei.

Praxis k.):

Es sprachen mit uns eine Frau und ein Herr. Sie sagten, dass die Straßenmusik oft von zwei Seiten ihre Praxis beschallt und die Straße wie ein Schalltrichter wirkt. Die Belästigung sei sehr störend. Man müsse oft die Fenster geschlossen halten, um überhaupt noch einigermaßen arbeiten zu können. Der Herr fügte noch hinzu, dass bei Telefonaten es schon öfter vorgekommen sei, dass der Gesprächspartner gefragt habe, was da denn für Musik im Büro läuft. Mit Hinweis auf das Merkblatt für Straßenmusiker sagte er, dass es ein Witz sei, wenn dort steht, dass laute Instrumente nur in einem bestimmten Abstand zu Hauswänden betrieben werden dürfen. Dann wäre das in dieser Straße gar nicht erst möglich. Er frage sich auf welcher Grundlage das Ordnungsamt quasi einen Vertrag mit jedem Straßenmusiker hat, der dann das Recht hat, hier spielen zu dürfen – ohne dass überhaupt die Anlieger gefragt werden. Auch hier erhielten wir hinterher noch eine Mail mit folgendem Inhalt: "......bezugnehmend auf unser Gespräch teile ich Ihnen mit, dass auch wir sehr unter der Straßenmusik leiden. Gerade in den Sommermonaten ist eine normale Kommunikation /Konzentration bei geöffneten Fenstern unmöglich. Selbst bei geschlossenem Fenster dringt die Musik vereinzelt noch deutlich vernehmbar ins Büro. Die Belastung nimmt noch zu, denn ganze Musikgruppen mit Trommeln und Blasinstrumenten auftreten. Eine Abhilfe halten wir für dringend notwendig."

Praxis l.):

Die Frau am Empfang stieß sofort einen tiefen Seufzer beim Stichwort Straßenmusik aus und klagte ihr Leid bzw. das der ganzen Praxis. Wenn sie Tests machen, könnten sie keine Fenster öffnen, weil die Straßenmusik zu laut sei. Dann würde die Luft in der Praxis wiederum zu stickig. Auch bei geschlossenen Fenstern beeinträchtige die Straßenmusik die Arbeit sehr. Manchmal versuchen sie, runter zu gehen, damit die Musik aufhört. Auch einer der Ärzte sei schon runter gegangen. Wenn man dann wirklich erreicht hat, dass es aufhört, so nützt das gar nichts, weil nach 10 Minuten entweder die selben Musiker oder andere sofort wieder anfangen, zu musizieren. Es wäre wirklich zu wünschen, wenn endlich mal es geregelter zugehen würde. Wir erhielten aus dieser Praxis ebenfalls noch ein Fax: „Unsere Praxis liegt im ersten Stock des Hauses. Aufgrund von Personenverkehr ist durchgehende Lüftung über offene Fenster notwendig. Die Belästigung durch die Straßenmusiker ist ein tägliches Problem insbesondere aufgrund der hohen Lautstärke. Zu dem wird regelhaft über die erlaubten Zeiten hinaus gespielt und das mit musikalischen Wiederholungen ohne Ende. Seit Jahren behindert dies bei uns einen ganz normalen Sprechstundenbetrieb. Das Einhalten normaler Spielzeiten wäre für uns eine erhebliche Erleichterung."

Praxis m.):

Der hatte nicht viel Zeit. Er sagte, dass er uns seinen Eindruck mitteilen werde, was dann auch per Fax erfolgte: „Lärm entsteht subjektiv im Auge des Betrachters......…....und bei allem Verständnis für die Musiker, die versuchen, durch ehrliche Arbeit Geld zu verdienen, ist es jedoch so, dass das immer gleiche, teilweise in keiner Weise melodische Gedudel weit über Zimmerlautstärke hinaus auf Dauer doch sehr belastend ist und uns unsere Patienten dadurch deutlich schlechter verstehen. In der Regel müssen wir diesen Störschall von morgens bis Geschäftsschluß ertragen."

Befragung bei den Wohnungen im Mercado:

Wohnung a.)

Die Frau sagte, dass sie schwer behindert ist und zur Epilepsie (Krampf-Leiden, Anfalls-Leiden, Fallsucht) neigt. Sie bewegt sich nur sehr mühsam und unsicher. Sie sagte, dass im vierten Stock die Musik wohl etwas gemildert ankommt. Trotzdem würde sie das sehr stören, besonders bei lauten Instrumenten. Wenn Trommeln und Schlagzeug einsetzt, dann drohe bei ihr ein epileptischer Anfall. Um dem zu entgehen, stelle sie dann den Fernseher laut.

(Anmerkung: Diese Frau wurde nach dem Stamp-Fest in 2010 ins UKE gebracht, wo eine akustische Überreizung diagnostiziert wurde.)

Wohnung b.):

Die Frau ist alleinstehend und sagte, dass sie die Straßenmusik nicht störe. Meistens würde sie schon ab dem frühen Nachmittag bis spät abends ihre Tochter besuchen und wenn sie in der Wohnung ist und die Straßenmusik zu laut wird, mache sie die Fenster zu und ziehe sich eine Decke über den Kopf.

Wohnung c.):

Die Frau sagt, dass sie die Straßenmusik bis auf einige Ausnahmen sehr stört. Besonders hob sie einen Künstler hervor, der laute Elektronik-Musik mache und dabei noch zusätzlich trommeln würde – der nerve stark. Dann regte sie sich sehr über Trommelgruppen und Schlagzeugmusiker auf. Wenn sie dann nach unten geht und darum bittet, die Zeiten einzuhalten, würde sie nur beschimpft oder verständnislos angesehen.

Wohnung d.)

Die Frau sagte, man freut sich über jeden Tag, wo es regnet, aber selbst dann sitzen noch einige Musiker unter den Glasüberdächern. Die Auswüchse der Straßenmusik störe sehr und sie nannte dann einige aktuelle Künstler, die mit elektronischer Verstärkung auftreten. Das sei unerträglich.

Wohnung e.):

Der Herr sagte, dass er erst nach 19.30 h von seiner Arbeit nach Hause komme und von daher die Musik nur kurz höre und sie dann nicht so sehr störe. Erst wenn die Musik noch später stattfindet, stört es ihn dann doch sehr.

Wohnung f.)

Die Frau kommt um ca. 19 h nach Hause und wenn dann die Musik um 20 h wenigstens aufhören würde, könnte sie wohl damit leben. Aber es gibt doch immer öfter Musik, die völlig disharmonisch ist und sehr stört und nannte eine Gruppe mit Verstärkermusik. Auch störe sie ein Gitarrenspieler, der noch spät abends mit elektronischem Verstärker unter ihrem Fenster spiele.

Wohnung g.)

Die Frau kommt erst recht spät abends nach Hause und macht sich dann erstmal in der Küche, die nach hinten liegt, Abendbrot, damit sie von der Musik nicht viel mit bekomme.

Wohnung h.):

Die sehr junge Frau sagte, dass sie erst seit 2 Wochen hier wohnt und im Mietvertrag unterschreiben musste, dass die Straße laut sein kann und folgerte daraus, dass man die Belästigung durch die Straßenmusik wohl akzeptieren müsse. Außerdem wäre sie tags über nicht da und abends würde sie eigene Musik über Kopfhörer hören und die Straße dann nicht so wahrnehmen.

(Anmerkung: In den Mietverträgen steht lediglich, „....dass aufgrund der Lage, Geräusche sowohl aus den Parkebenen, aus dem Einkaufszentrum, als auch aus der Fußgängerzone der Wohnungen nicht ausbleiben kann..........und deshalb Mietminderung ….nicht geltend gemacht werden kann. Diese Mietklausel hat keinerlei Auswirkung darauf, dass die Mieter sich nicht gegen Belästigungen wehren könnten.)

Wohnung i..):

Die Frau sagte, dass sie tags arbeitet. Wenn sie abends nach Hause kommt, kann sie oft nicht einmal die Nachrichten hören, weil Straßenmusik spielt. Da sie selbst musikalisch sei, nerve sie obendrein ganz besonders, wenn dann noch so elendig falsch gespielt wird. Sie räumte aber auch ein, dass es durchaus schon mal Straßenmusik gegeben habe, die sie sich gern angehört hat. Abends ist dann leider immer noch Straßenmusik. Derzeit spielt unter ihrem Fenster öfter ein Gitarrist mit elektronischem Verstärker. Die Zeiten werden überhaupt nicht von den Musikern eingehalten. Es wird stundenlang musiziert oder gesungen. Den Ordnungsdienst würde sie ja noch anrufen. Der ist abends aber nicht mehr da. Die Polizei anzurufen, koste sie eine große Überwindung. Dann sagte sie noch, dass eine Nachbarin nur wegen der Straßenmusik ausgezogen sei. Es wäre sehr wünschenswert, wenn die Straßenmusik von der Behörde wirklich mal so behandelt wird, dass die bestehende Regelung eingehalten würde, so dass beide Seiten damit leben könnten. Die Mieterin hat uns dann noch am nächsten Tag in einer 3 seitigen Mail sehr detailiert ihre Erfahrung aufgeschrieben. Daraus soll hier nur auszugsweise folgendes zitiert werden: „Zuerst möchte ich meine Erleichterung zum Ausdruck bringen, dass ich in meiner Situation nicht allein bin. Auch meine Nerven werden......stark strapaziert. …..die (im Merkblatt) aufgeführten Richtlinien klingen – verglichen mit der tatsächlichen Situation hier vor Ort – geradezu kurios. So wird mir meine knapp bemessene Freizeit.........regelrecht verdorben. Wohlgemerkt – ich mag Musik, spiele selbst ein Instrument und singe im Chor. Die permanente Zwangsbeschallung durch einige Straßenmusiker jedoch …......mindert doch sehr deutlich meine Wohn- und Lebensqualität. (nach einem Polizeieinsatz) Ein Teilerfolg, sicher. Aber: um welchen Preis! Der Vormittag ist verdorben und die Nerven liegen wieder blank. So kann es nicht weitergehen.“

Wohnung j.):

Der Herr ist alleinstehend und sagte, dass er eigentlich nichts gegen Straßenmusiker habe, wenn sie die Zeiten einhalten würden und auch nach einer halben Stunde nicht wiederkommen würden und wenn es nicht zu laut wird. Er sei am Tag nicht in der Wohnung sondern zur Arbeit. Er könne sich vorstellen, dass es für uns schlimm sein muss, wo wir ständig in der Wohnung sind und dort auch bis spät abends arbeiten.

Wohnung k.):

Der Herr beschwerte sich ausführlich über die Straßenmusik. Er hat schon ganz oft die Polizei gerufen und findet es furchtbar mit dieser überzogenen Straßenmusik. Wenn jeder mal nur eine halbe Stunde am Tag spielen würde, könnte man das ja gut ertragen. Aber diese Masse an Musik mit Verstärkern, Trommeln und ganzen Bands, davon wird man verrückt. Auch die vielen sogenannten Straßenfeste sind ja keine Anwohnerfeste sondern richtige öffentliche Veranstaltungen, die hier nach seiner Meinung völlig unerlaubt in einer eng bebauten Straße mit Wohnungen stattfinden. Er habe schon im Jahre 2008 eine Eingabe an das Bezirksamt Altona gemacht. Diese Eingabe nebst Antwort hat er uns am nächsten Tag gefaxt. Darin fällt auf, dass das Bezirksamt schlicht erklärt, dass er kein Personal hätte, um Lärmmessungen bei den Festen machen zu können. Weiterhin fällt auf, dass die Behörde im Jahre 2008 tags 70 dB(A) und nachts 55 dB(A) angegeben hat, während sie ein Jahr später uns gegenüber tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) angegeben hat. (Diese Werte wurden nur in den Akten verbessert als reine behördliche Selbstbefriedigung und werden real bislang in keinem Fall eingehalten.)

Wohnung l.).

Der Herr sagte, dass er zur Straßenmusik nicht viel sagen könne, weil er sich nur sehr selten in dieser Wohnung aufhalte.

Wohnung m.):

Die Frau sagte, dass, wenn Akkordeonspieler 5 Stunden und länger spielen, sie das sehr stört und mache sie verrückt. Es gäbe Ausnahmen, wo sie sich die Musik mal gerne anhört. Sie berichtete von einem Freund, der gegenüber in einer Arztpraxis behandelt wurde und der Arzt mitten in der Behandlung unterbrochen habe, weil er erstmal das Ordnungsamt wegen der zu störenden Straßenmusik angerufen habe.

Wohnung n.):

Die Frau sagt, dass ihr Mann tagsüber weg sei und arbeite. Sie geht häufig mit dem Kinderwagen spazieren. Wenn sie in der Wohnung ist, stört es enorm, immer die gleiche Straßenmusik hören zu müssen, besonders das Akkordeonspiel – 5 Stunden ohne Unterbrechung Akkordeon. Ganz schlimm sei es gewesen, als eine zeitlang immer abends nach 20 h ein Geigenspieler aufgetreten ist, der dann auch noch sonntags gekommen ist. Als wir fragten, ob sie dagegen schon mal etwas unternommen hätte, sagte sie resigniert: „Wie kann man dagegen denn machen?“

Wohnung o.):

Der Herr sagte, dass er sehr früh morgens aufstehen müsse und es ihn dann ganz besonders nerve, wenn abends nach 20 h manchmal sogar bis 23 h Straßenmusik stattfindet. Besonders respektlos und perfide finde er es, dass, wenn er die Künstler freundlich anspricht, diese dann anschließend seine Bitte textlich in ihrem Lied einarbeiten und öffentlich direkt vor seinem Fenster ihn als Musikhasser besungen haben. Auch dieser Nachbar hat uns noch eine Mail geschickt. Darin schreibt er u.a.: „......das Lüften (ist)...nur noch unter erheblicher Lärmbelästigung möglich, dies als solches schränkt die Wohnqualität deutlich ein....................Somit sinkt auch massiv die Lebensqualität.“

Wir haben nur einen Teil der Praxen während der Öffnungszeiten erreicht und auch nur einen Teil der Wohnungen im Mercado. Die Wohnungsmieter im zweiten Mercado, Ottenser Hauptstr. 20 und alle, die sich auf der anderen Straßenseite des Mercado und an der Kreuzung Bahrenfelderstr. befinden, haben wir nicht aufgesucht. Desgleichen haben wir keine Geschäfte und Lokale aufgesucht, obwohl wir wissen, dass auch von ihnen öfter Beschwerden gekommen sein sollen.

Die Presse berichtete, dass nach Auskunft des Bezirksamtes Altona die Anzahl der Beschwerden von Anwohnern und Gewerbetreibenden in Altona so hoch wie nie zuvor ist und erklärt: „Wir haben es mit einem tatsächlichen Problem zu tun“

Dabei braucht die Behörde nach unserer festen Überzeugung gar nicht viel machen, um das Problem zu lösen. Sie braucht nur den Musikern die Regelungen mal zur Kenntnis bringen.

Nach unserer ersten Umfrage sind inzwischen noch viele weitere Berichte eingetroffen, wovon ich hier nur noch diesen einen zitieren möchte:

".......ich arbeite seit vielen Jahren in der Ottenser-Hauptstraße in einer Praxis und bin total lärmgeschädigt.

Es ist unerträglich Tag ein Tag aus, sie sind immer da, halten die Spielzeiten nicht ein, sind viel zu laut, so das ich teilweise die Fenster schließen muss, um mit Patienten telefonieren zu können, sie singen falsch, spielen den ganzen Tag die gleichen 5 Lieder, das ist Folter und Körperverletzung. Ich fühle mich in meinen Menschenrechten eingeschränkt da ich gezwungen bin Tag ein Tag aus mir den Lärm anzuhören. Ich kann nach der Arbeit nur noch nach Hause, kein Radio kein Fernseher, keine Telefonate mit Familie und Freunde, einfach nur Ruhe.... Ich leide seit Jahren an Tinitus, dadurch ist auf meinem linken Ohr die Höhrfähikeit eingeschränkt. Ich habe ein nervöses Magenleiden und dadurch Sodbrennen. Sie sehen das auch meine Gesundheit und Privatleben schon darunter leidet. Wenn ich Essen gehe suche ich schon ein Restaurant ohne Musik aus!!! oder eins wo keine Musiker in der Nähe sind. Ich werde von Patienten gefragt wie ich diesen Krach Tag ein Tag aus aushalten kann, die sind bei längeren Behandlungen auch schon genervt und sagen nur das sie froh sind, nicht jeden Tag bei uns sein zu müssen. Ich rufe regelmäßig die Behörde oder die Polizei an, und es geht beim BOD oft nur das Band an oder auch schon völlig genervte Beamte. Was mich wundert, denn am Hamburger Rathaus kann die Behörde das Spielverbot ja wohl umsetzen, da sitzen auch Menschen die sich bei Ihrer Arbeit konzentrieren müssen. Im Gegenteil, ich habe den Verdacht dass die Musiker die Leiden von uns Anwohner nicht ernst nehmen, kaum hat man sie des Platzes verwiesen und die Beamten sind weg, sitzen sie wieder da. Einer kommt mit Kasettenrekorder (obwohl elektronische Musik hier nicht sein sollte und verboten ist) und denkt er ist ein Opernstar, dabei quält er uns mit falschen und viel zu lauten Tönen und immer den gleichen Kirchenliedern und das stundenlang. Die Fußgängerzone zwischen Altona-Bahnhof und Spritzenplatz hat sich zu einer Freilichtbühne, und zum "Übungsplatz" für Dauermusik-Beschallung entwickelt. Sie können mich gerne anschreiben. Es liegt auch in meinem Interesse das den Qualen ein Ende gesetzt wird und es mal für beide Seiten wirklich harmonisch wird."

Soweit einige Berichte von der Situation. Als ich merkte, dass ich in einen Interessenkonflikt geraten bin zwischen meiner ureigenen Lust auf Unterstützung von Straßenmusik und der Feststellung, dass Menschen darunter gesundheitlich massiv leiden, bin ich natürlich einen Weg gegangen, der nicht lauten kann: "Straßenmusik Ja oder Nein".

Wir Anwohner haben in den Besprechungen mit dem Bezirk auch deutlich gemacht, dass wir keine solche Regelung möchten, wie sie jetzt schon immer öfter in vielen Städten praktiziert wird - wie in Paris, Brüssel, München und vielen Städten mehr, dass ein Straßenmusiker dort zunächst im Rathaus oder einer ähnlichen Stelle vorspielen muss, um festzustellen, ob er überhaupt einigermaßen richtig spielen kann, um auf der Straße auftreten zu dürfen. So etwas wollen wir nicht. Gerade Künstler, die anfangen und noch nicht "perfekt" sind oder überhaupt eine ganz andere Musik machen möchten, als man sie kennt, etwas neues oder anderes, gerade für sie ist die offene Bühne der Straße wichtig, um live zu spüren und zu erleben, wie ihre Kunst wirkt.

Wenn ich mich mit einigen Passanten unterhalten habe und diese mir dann mit einem breiten Grinsen erklärten: "Ich liebe Straßenmusik" und dann deren Denkklappe bereits zu ging, war ich erstmal etwas sprachlos und wusste, dass es schwer ist, zwischen dem einfachen Schwarz-Weiß-Denken, das viele all zu gern einnehmen, dennoch zu vermitteln, dass es sich genau hier zwischen Ja oder Nein entscheidet, ob mensch ein buntes Leben ohne Schwarz-Weiß-Minderbelichtung leben möchte.

Es gibt so ungezählte Beispiele, die wir im Laufe der Zeit erleben musste. Das folgende Beispiel steht in abgewandelten vielschichtigen Nuancen für viele solcher Begegnungen. Als meine Frau spät abends um 22 Uhr nach unten auf die Straße ging (bis 20 Uhr ist die Musik nur erlaubt und dieser Musiker weiß das aus vielen Ansprachen), um wieder einmal dem Menschen mit seiner elektronisch laut verstärkten Gitarre darum bat, die Nachtruhe für die Anwohner einzuhalten, kam eine Passantin vorbei, die demonstrativ eine Münze in seinen Kasten warf und zu meiner Frau rief: "Ich finde die Musik aber gut." Als meine Frau sagte, dass um 20 Uhr mit Straßenmusik Schluss sein müsse, dieser Musiker außerdem wisse, dass Elektronik dort nicht erlaubt sei, wo Menschen wohnen und dass einige Anwohner schon Hörschäden bekommen haben, antwortete die Frau: "Wenn die schon Hörschäden haben, dann stört denen die Musik ja ohnehin nicht mehr."

Ich denke, dass so eine brutale Einstellung sich von "faschistischem" Denken nicht mehr unterscheidet. Immer wieder versuche ich nach einer Lösung, einem Kick, wie diese Kluft im Verständnis von einander zu überwinden ist. Zunächst einmal bin ich da im Vorteil, weil ich mich ja sehr gut daran erinnere, wie ich selbst am Anfang darüber gedacht habe und welche Antwort ich den Ordnungskräften gegeben habe, so dass ich zumindest jeden verstehen kann, wenn er so denkt ohne "nachgedacht" zu haben.

Aber genau deshalb mache ich mir die vielen Mühen, zu vermitteln, dass nicht die eine Seite es als Lösung ansieht, die Straßenmusik ganz zu verbieten und dass auf der anderen Seite Passanten verstehen sollten, dass Straßenmusik nur schön ist, wenn es wie alles in Maßen genossen werden kann.

Ein anderer Passant meinte mal zu mir, dass die Straßenmusik ja von ihrer Musik leben. Ich habe ihm geantwortet, dass ich das sehr wohl respektiere - aber genauso respektiert wissen möchte ich, dass auch ich und alle anderen in den Praxen mindestens auch von ihrer Arbeit leben müssen und das Einzige was wir erbitten, ist, dass nach den sicher nicht von ungefähr entstandenen Vorgaben, der Musiker nach einer halben Stunde um gut 150 Meter (also eine erwiesene Distanz für "Außerhörweite") weiter ziehen braucht. Die Stadt Hamburg ist groß genug dafür und er trifft so auch sicher noch auf viel mehr Menschen. Also beide möchten und sollen leben! Ist das etwas, um bestaunt zu werden - wenn ja - in welcher Art und worüber?

Straßenmusik ist eine Kunst und kann so schön sein wie andere Bedürfnisse auch schön sein können. Essen ist notwendig und kann ein Genuß sein. Wenn man aber gezwungen wird, ständig essen zu müssen, dann platzt der Magen. Genau so ist Erotik ohne jeden Zweifel etwas schönes und elementar wichtiges. Aber wenn man ständig zur Erotik gezwungen wird, so ist das schlicht eine Vergewaltigung.

Wir Anwohner in der Ottenser Hauptstr. möchten, dass die Behörde die Regelung für Straßenmusiker, die meiner Meinung "sehr gut" ist, nicht mehr stumm in den Akten der Behörden schmoren lässt, sondern dass man die Straßenmusik als Kultur so wichtig und ernst nimmt, dass die Straßenmusiker diese Regelung auch definitiv erfahren. Darum geht es. Solange mutet der Zustand gerade für die Staßenmusiker als Willkür an und ist deshalb entwürdigend.

Wenn die Musiker so ernst genommen werden, dass man sie davon in Kenntnis versetzt, wie sie hier Musik ohne Hemmungen zelebrieren dürfen, dann entspannt sich die Lage. Wir möchten den Ätherraum zwischen Straßenmusikern und Anwohnern so teilen, dass beide Seiten und dazwischen auch die Passanten, diese Kultur ungetrübt genießen können.

Dann trauen sich auch die Straßenmusiker hier unbefangen her. Ein Staunen darüber, dass es diese Straßenmusik angeblich nicht mehr gibt, ist rein von der Angst getragen, dass durch das Bemühen der Anwohner sich etwas verändern soll. Da sich aber noch nichts geändert hat, ist die Angst so stark besetzt, dass sie sich ein solches noch gar nicht geändertes Ergebnis bereits als Tatsache wahrzunehmen andichtet.

Ich kann mich da durchaus hinein versetzten aber hoffe, dass ich diese Angst mit meinem Erlebnisbericht etwas auflösen konnte.

Gruß Dieter, pog

Nachtrag: Inzwischen hat sich auch bei den Festen etwas getan. Der Veranstalter sagt selbst, dass sich die Stände gegenseitig hochgeschaukelt hätten und einer den anderen mit noch lauterer Musik (aus der Box) überboten hat. Bei uns Anwohnern ist das als ein einziger Geräusch-Brei, der zu uns nach oben dringt. Erstmals in diesem Jahr waren an allen Glühweinständen die Musiklautstärke auf eine angenehme Lautstärke eingestellt und verplombt. Jeder - auch wir Anwohner konnten damit bestens leben und ich habe etliche aus dem Bekanntenkreis gehört, die von dieser Maßnahme nichts wussten und davon schwärmten, wie angenehm es dieses Jahr bezüglich der Musiklautstärke auf dem Weihnachtsmarkt war, während man in den Jahren davor sich oft gar nicht dort wegen der zu lauten Musik-Beschallung länger aufhalten mochte.

Auch die Auf- und Abbauten, die uns Anwohnern die ganze Nacht beherrschten, konnten erstmals zumindest schon beim Abbau des letzten Weihnachtsmarktes anders gestaltet werden, so dass wir damit gut leben können. Ähnliches wurde uns für die Altonale versprochen. Die Extravaganze findet nur noch alle 5 Jahre draußen statt und ansonsten nur noch im Inneren des Mercado.

Ich hoffe, dass auch das mit Staunen zur Kenntnis genommen wurde und wird und sich dabei an der Wohltat erfreut wird, dass es überhaupt nicht still sondern nur angenehm schön geworden ist.

Populationen, Gemeinden,

Populationen, Gemeinden, Orte, die sich derart dämlich anstellen, ihre eigene Kultur lebendig zu halten, haben ihren eigenen Untergang redlichst verdient.
Als Künstler sollte man solchen Banausen diesen siechen Untergang nicht noch versüßen - egal mit welcher Art Kunst.

"Städte sind Brutstätten des Bösen." las ich mal - ich weiß nicht mehr, von wem diese Erkenntnis stammt - aber sie ist zutreffend.

Kunst aber sollte dem Guten förderlich sein und nicht der Destruktion ...

Orte, an denen Spontaneität unterbunden wird (aus welchen "Gründen" und unter welchen Vorwänden auch immer) sind kulturlos und sollten von wirklichen Künstlern gemieden werden...
Umgekehrt gilt: Künstler, die nicht mit sich reden lassen, sind keine, denn:
Kunst ist Kommunikation.
Dies gilt für die Macher von Kunst und ihr Publikum GLEICHERMASSEN.
Wo dies nicht (mehr) funktioniert ist Kultur abwesend.
Auf kulturell verbranntem Terrain aber, sollte man künstlerische Impulse nicht mehr säen - es ist schade um die Kraft ...

Hella

An den

An den "Administrator"(=Zensor!) der die hier getätigten Meinungsäußerungen "freischaltet" (=zensiert!):

Zensur bewegt sich in Deutschland außerhalb des Grundgesetzes - vergessen Sie das nicht!
Sie sind deshalb ab sofort registriert!
Und es wird ihnen nicht vergessen werden!

Mal ehrlich, Hella, wieviele

Mal ehrlich, Hella, wieviele Straßenmusiker sind denn als Künstler zu bezeichnen?

Ich habe jahrelang über einer Kneipe gewohnt, die täglich mehrfach von Straßenmusikern mit geringem Repertoire aufgesucht wurden. Es nervt richtig! "Staunen" über die Abwesenheit von Straßenmusikern können wohl nur die, deren Wohnung oder Arbeitsplatz nicht von deren "Musik" gestört wird.

Klar gibt es hin und wieder auch gute Musiker, die als Straßenmusiker auftreten. Das ist aber a) die Ausnahme und b) stört es auch. Denn: Schall kann man nicht einfach abschalten oder ausblenden.

Ist allerdings auch kein Grund, hier einen 5-Meter-Beitrag zu verfassen, das ist eher lächerlich. Wohnung a: Die Frau bekommt epileptische Anfälle von Straßenmusik... solche Aussagen helfen der Sache wohl kaum.

Naja, und dann mal wieder der Ruf nach Zensur. FSK halt, schon ein schräges Publikum hier...

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