Deutsche Morde und das nicht nur durch die 'Zwickauer Zelle'

Vorab aus dem Februar Transmitter:

Deutsche Morde und das nicht nur durch die 'Zwickauer Zelle'

Immer noch herrscht Entsetzen und Lähmung, die Nachrichten werden dünner und skandalfixierter. Die Aufklärung über das Netzwerk der Mörder_Innen verschiebt sich in weite Ferne. Ausschließlich Café Morgenland gelingt es, mit dem Text 'Bilanzenfälschung', die Morde der 'Zwickauer' im Ergebnis 20 Jahre neuer deutscher Einheit festzuhalten: „Die Ermordung von Nicht-Deutschen markiert unwiderruflich und endgültig den Prozess der Vollendung des Deutschen. Es gibt danach weder eine Steigerung noch einen Nachgang. Es markiert das totale Ende. Diese absolute Gewissheit artikulierte sich in der Vollkommenheit der Vollzug der Tat: Genick- oder Kopfschuss. Sicherheitshalber Entleerung des Magazins (8 Schüsse) auf das bereits am Boden liegende leblose Opfer. Zuvor penible, tagelange Ausspähung der Gewohnheiten des Zielobjektes, professionell und äußerst rational. Nichts dem Zufall überlassen. In dieser Logik ist die Bevorzugung von Kanaken-Besitzern von Kleinläden als Zielobjekte verständlich, da sie in der Regel allein arbeiten.“

Das Netzwerk der Mörder_Innen stützt sich auf ganz alltäglichen Umgang in Sprache und in sozialen Kontakten. Die Morde werden vor allem deswegen nicht aufgeklärt und die Serie deswegen nicht gestoppt, weil die Polizei gekonnt in falsche Richtungen ermittelte. Die Zwickauer_Innen im Urlaub auf Fehmarn werden als nette Nachbar_Innen wahrgenommen. Verbindungslinien des Netzwerkes verlaufen ganz offensichtlich in beiden Richtungen zu den deutschen Geheimdiensten.

Gesellschaft und Apparat gehen zur Tagesordnung über - Polizeiliches Denken und gesellschaftlicher Diskurs
„Als aber ca. 120 vermeintliche Lübecker Fans zum ersten Mal auf die dem St. Pauli Block schräg gegenüber gelegenen Sitzplätze stürmten, wurde schnell klar, dass deren Fangruppe am Freitag durchsetzt war mit Leuten, die Auseinandersetzungen suchen. Die meisten trugen schwarze Shirts mit einem Aufdruck „Krawallbande“, „Krawallbrüder“ o.ä.. Es kam zu Schmährufen wie „Schwule, Schwule“, „Judenkinder“, „Zick Zack Zigeunerpack“ und Ähnliches. Ein Vorgehen seitens des Veranstalters oder der Polizei gegen diese Sprüche war nicht erkennbar. ... Von Fans des FC St. Pauli wurde zu diesem Zeitpunkt keine Konfrontation mit den Lübecker Fans gesucht. Vielmehr hörten u.a. Journalisten auf der Westtribüne Gespräche Lübecker Fans mit, in denen diese sich gegenseitig darüber informierten, gar darüber lustig machten, wie einfach es sei, die Sperren zu umgehen und zu den St. Pauli-Fans zu gelangen. Diese Beobachtungen wurden der Polizei gemeldet, jedoch offensichtlich ohne einen erkennbaren Effekt.“...“Kurz darauf trieb die Polizei die St. Pauli-Fans die Treppe hoch in den Eingangsbereich der Halle. Hierbei wurde ein 20-jähriger, der zur Toilette wollte, von einem Beamten mittels Quarzhandschuh o.ä. bewusstlos geschlagen. Andere Fans trugen den Bewusstlosen zum Rettungsdienst, der ihn ins Krankenhaus einwies, in dem er bis zum späten Abend des Folgetages verbleiben musste. Vom Eingang her kamen noch mehr Polizisten und trieben die St. Pauli Fans in Richtung Ostflügel der Halle, hierbei wurden viel Pfefferspray/Gas und auch der Knüppel bzw. Tonfa eingesetzt.“...“Die Situation im Umlauf sowie im Eingangsbereich und im Raucherbereich draußen wurde immer unübersichtlicher und chaotischer. Es lagen überall Verletzte auf dem Boden, es wurde nach Wasser gerufen, um Augen ausspülen zu können, viele Gruppen rannten hin und her, viele Menschen auch in Panik.“ (Stellungnahme des FC St. Pauli "Vorkommnisse beim Schweinske Cup".)
Wofür stehen hier der Polizei wohl die St. Pauli Fans? Gesellschaftliche Randstängigkeit wäre vielleicht ein herkömmlich-soziologischer Begriff der trifft. Da gibt es einiges an gesellschaftspolizeilicher Vorstellungsweit, was zur Handlung drängt: Von Intellektuellenfeindlichkeit bis hin zum Haß auf Obdachlose; „Gewaltätige St.(?)Pauli Fans“ modernisiert hier den nationalsozialistischen Begriff des „Asozialen“. Dieser ist mit dem tödlichen Rassimus und dem Antisemitismus almaganisiert. Daher die offensichtliche Sympathie der Polizei mit den Lübecker_Innen in der Alsterdorfer Sporthalle, die bei einigen Zeitungen immer noch Fans heißen. Gleichlautend in WELT und Abendblatt: „In einem 15-minütigen Monolog legte der Sicherheitschef die am Wochenende gesammelten Erkenntnisse des Zweitligisten dar.“ (WELT + Abendblatt online am 9. Januar 2012) Wo das Statement solchermaßen diskreditiert ist, bedarf es keiner Wiedergabe dessen Inhalts.

Business as usual
„Was mich wirklich aufregt, ist die jetzt auch noch aufkommende Kritik an dem polizeilichen Vorgehen beim Trennen der gewalttätigen Fangruppen, so Lenders“. (WELT nach dem Hallenturnier.) Wo der Chef der Polizeigewerkschaft mit diesen Worten zitiert ist, gibt es so gar keinen Begriff von Meinungsfreiheit; schon gar nicht von der stringenten Notwendigkeit jede nationalsozialistische Artikulation zu unterbinden; keinen Begriff von der Freiheit schlechthin, die doch die Errungenschaft der bürgerlichen Gesellschaft darzustellen hat. Auch daß die Nazis eine Polizistin ermordet haben, ist hier angesichts der St. Pauli Horden schon wieder verdrängt.
„Wirklich gelöst ist die Bauwagenfrage bis heute nicht. Auch der aktuelle SPD-Senat hat schon Bekanntschaft mit dem Problem gemacht, als Mitte-Bezirksamtsleiter Markus Schreiber den Wagenplatz Zomia in Wilhelmsburg auflösen wollte.“ (Abendblatt während der Weihnachtsferien.) Echte Gefahr geht hier weiterhin vom gesellschaftlich 'Anderen' aus und die 'Bauwagenfrage' liest sich synonym für die latente politische Krise; genauer der Krise derjenigen Institutionen, politisch ausgehöhlt, welche sich der Apparate ersatzweise bedienen, ihre eigene Handlungsunfähigkeit zu kaschieren.

Es ist kein Versagen der Apparate und der Dienste
Es ist deren Real-Existenz, überführt, entstanden und exekutiert aus den Apparaten des deutschen Nationalsozialismus, eingebettet in das Fortleben Deutschlands im Denken. Am 12. Juli 2010 hatte die Berliner Zeitung Beispiele von nach 1945 aus NS Organisationen in westdeutsche Polizei und Dienste überführte Täter benannt:
„Laut der NS-Unterlagen wurde der zu Kriegszeiten als Polizeibeamter tätige Fischer 1941 zunächst in Sosnowitz im besetzten Polen eingesetzt. 1944 versetzte ihn das für die Konzentrationslager zuständige Wirtschafts-Verwaltungshauptamt der SS erst nach Dachau und dann "zur Dienstleistung" an das Amt für Schädlingsbekämpfung in Auschwitz. Das Amt war Adressat des aus Deutschland gelieferten Giftgases Zyklon B, das zum Massenmord an den KZ-Insassen in Auschwitz verwendet wurde. Nach dem Krieg tauchte der SS-Sturmbannführer Fischer zunächst unter dem Namen Karschner in der Bundesrepublik unter, bevor er unter seinem richtigen Namen vom BfV übernommen wurde.“
Wo es möglich ist vom 'Volksschädling' zu sprechen, war und ist das 'Amt für Schädlingsbekäpfung' eine mörderische Voraussetzung einer mörderischen Bande aus dem Volke.
„Mit routinierter Akribie vollzog sich die letzte Phase eines Prozesses der Abrichtung, der lange zuvor begonnen hat: Mit Witzen über Kanaken und Kümmeltürken im Klassenzimmer und im Schulhof, mit den Sprüchen am Familientisch über die Fidschis und über die Knoblauchfresser, über die Polaken und über die Itaker, über die Judensäue (oder auf Linksdeutsch über die „Finanzlobby“) und die Schwuchtel, über die Koranferkel und die Kopfwindelträger. Mit der standardisierten Konstatierung, dass „nicht alles falsch war, was damals passierte“.“ ... (Café Morgenland)

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