15. Okt., FSK, 9-10 Uhr: Emma Goldmans Autobiografie „Gelebtes Leben“ im Polittbüro

"Auf jeden Fall hatten die Kommunisten im Norden kein Recht, ihren ukrainischen Brüdern Antisemitismus vorzuwerfen, denn sie wussten sehr gut, wie verbreitet diese Einstellung in ihren eigenen Reihen war. Vor allem die Rote Armee war davon betroffen."
(Emma Goldman)

http://fsk-hh.org/transmitter/kostprobe_emma_goldmans_autobiografie_gelebtes_leben_im_polittbuero/56796

In diesem Herbst sind die Lebenserinnerungen der berühmten US-amerikanischen Anarchistin Emma Goldman, „Gelebtes Leben“, im Original von 1931, im Nautilus-Verlag wiederveröffentlicht worden.
Am 18. Oktober 2010 wird eine der drei Übersetzerinnen, Marlen Breitinger, Auszüge daraus im Polittbüro vorstellen. In dieser Sendung bringen wir vorab einen Ausschnitt aus dem Programm und ein kurzes Interview mit Breitinger.

Emma Goldman, 1869 als Tochter einer jüdischen Familie im heutigen Litauen geboren, ging 1885 in die Vereinigten Staaten und war eine der berühmtesten US-amerikanische Anarchistinnen. Ihr Verständnis von Anarchismus umfasste weit mehr als die Überwindung staatlicher Herrschaft. Goldman setzte sich für die Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen ein, kämpfte für die Rechte der Frau, für die freie Liebe und berichtet in ihrer Autobiografie auch von den Schwierigkeiten, mit ihren anarchistischen Partnern gleichberechtigte Beziehungen zu führen.

1920 wurden Goldman und ihrer Freund Alexander Berkman, der wegen eines Attentats auf einem Fabrikbesitzer 14 Jahre im Gefängnis saß, nach Russland ausgewiesen. Auch wenn sie als Anarchist/innen skeptisch gegenüber den sozialdemokratischen, sozialistischen oder kommunistischen Parteien und Gruppen waren, war Goldman fasziniert von der russischen Revolution, die in ihren Augen nicht die Bolschewiki, sondern „das ganze russische Volk mühsam durchgeführt“ hatte. Doch nach kaum einem Jahr waren Berkman und Goldman von der bolschewistischen Revolution enttäuscht. Das Problem war, wie Goldman schreibt, „die Revolution selbst. Ihre Erscheinungsweise war so vollkommen verschieden von dem, was ich mir vorgestellt und als die Revolution propagiert hatte, dass ich nicht mehr wusste, was richtig war“.

Zu ihrer Kritik an der bolschewistischen Revolution kam auch die Sorge, dass der Antisemitismus in Russland durch die Revolution nicht überwunden werde. Schon in den Jahren zuvor nahm sie antisemitische Äußerungen bei Anarchisten in den USA genau wahr. Anfang der 1920er Jahre sammelte Goldman, die in ihrer Kindheit im zaristischen Russland die Auswirkungen der Judenfeindschaft erfahren hatte, Berichte von Jüdinnen und Juden über die gegenwärtige Situation. Besorgt hält sie von einem der Berichte fest: „Auf jeden Fall hatten die Kommunisten im Norden kein Recht, ihren ukrainischen Brüdern Antisemitismus vorzuwerfen, denn sie wussten sehr gut, wie verbreitet diese Einstellung in ihren eigenen Reihen war. Vor allem die Rote Armee war davon betroffen.“

Der Abend der Vers- und Kaderschmiede dreht sich nicht nur um Emma Goldmans gelebtes Leben. In der zweiten Halbzeit geht es um die Soziologin Gerburg Treusch-Dieter (1939-2006). Aber was Treusch-Dieter ausmachte, kann man nicht hören. Man muss es am 18. Oktober im Polittbüro sehen und erleben – gespielt von Anja Herden, zusammen mit Sebastian Kreyer.

Eine Sendung der redaktion3 [at] fsk-hh [dot] org.

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