Dokumentation: Offener Brief & Pressemitteilung der Sozialen und Pädagogischen Initiative St. Georg

Zur sogenannten Extremismusklausel wurde hier ja bereits einiges geschrieben und gesendet. Wie das im Detail dann in Hamburg aussehen kann zeigt eine Mitteilung von der Sozialen und Pädagogischen Initiative St. Georg vom Montag letzter Woche:

Offener Brief und Presseerklärung zum Projekt „Toleranz stärken – Kompetenz stärken“

Sehr geehrte Damen und Herren,

vor mehr als einem Jahr hatte das Bundesfamilienministerium den Stadtteil Hamburg-St. Georg zu einem „Ort der Vielfalt“ erklärt. Im Rahmen des Projekts „Toleranz stärken – Kompetenz stärken“ ging damit die Bewilligung einher, für drei Jahre entsprechende Projekte auf Antrag zu unterstützen.

Bei näherer Betrachtung der entsprechenden Antragsunterlagen ergab sich allerdings, dass damit auch die Unterzeichnung einer sog. „Demokratie- bzw. Extremismuserklärung“ einhergehen müsste. Fördermittel sollten nur diejenigen Initiativen erhalten, die sich schriftlich zur „Freiheitlich Demokratischen Grundordnung“ (FDGO) bekennen und sich zugleich verpflichten, mögliche KooperationspartnerInnen ebenfalls auf ihre Treue zur FDGO zu prüfen und dies für mögliche Rückfragen des Bundesfamilienministeriums schriftlich zu dokumentieren. Fehlerhaftes Verhalten könne zur nachträglichen Rückforderung der bewilligten Mittel führen. Beispielhaft wurden in einem Begleitpapier des Ministeriums bestimmte muslimische Gruppen und Teile der Partei DIE LINKE genannt.

In vielen Bundesländern erhob sich gegen diese Erklärung massiver Protest. In St. Georg führte die Debatte zum Rücktritt des Projektkoordinators und zu einer wochenlangen Diskussion in den Stadtteilgremien.

Erst als sich die Hamburgische Bürgerschaft per Beschluss vom 8. Juni 2011 (Drs. 20/478) aufgrund des Drucks dafür aussprach, auf Bundesratsebene eine Veränderung dieser Bestätigungserklärung zu erwirken und im Falle einer Ablehnung „die rechtlichen und finanziellen Risiken“, d.h. eine Bürgschaft für etwaige Mittelrückforderungen zu übernehmen, stellte eine Reihe von Initiativen Anträge auf Mittel aus dem Fonds.

Am 24. Oktober 2011 (Drs. 20/1936) erklärte die Präsidentin der Bürgerschaft nun, dass der Senat eine Übernahme dieser Risiken abgelehnt habe. Einerseits habe der Bundesrat mehrheitlich gegen die Initiative votiert, andererseits sehe sich der Senat auf Grund der Haushaltslage „nicht in der Lage“, seinen gefassten Beschluss aufrechtzuerhalten.

Die SOPI protestiert scharf gegen diese Senatsentscheidung. Viele ProjektbetreiberInnen hatten nur aufgrund der Zusage der Hamburgischen Bürgerschaft in Treu und Glauben an die Einhaltung der Zusage Projektanträge gestellt.

Der Senat kann sich nicht einfach von seinen Zusagen verabschieden und die möglichen Folgen den ProjektbetreiberInnen aufbürden. Es ist nicht auszuschließen, dass das Bundesfamilienministerium sämtliche Unterlagen, also auch diejenigen über KooperationspartnerInnen, offen gelegt haben möchte. Es ist auch nicht auszuschließen, dass das Ministerium bei Zweifeln an den KooperationspartnerInnen die Zuwendung zurück fordert. Für die AntragstellerInnen würde dies ein finanzielles Fiasko bedeuten: Sie fühlen sich entgegen ursprünglicher Versprechungen geradezu im Regen stehen gelassen.

Die SOPI fordert den Senat auf, die Übernahmegarantien einzulösen und die AntragstellerInnen im Falle eines Widerspruchs des Ministeriums ohne Einschränkung rechtlich und finanziell zu unterstützen. Darüber hinaus empfiehlt die SOPI, von einer Fortsetzung des Projekts, mithin von weiteren Anträgen für das Jahr 2012, Abstand zu nehmen, solange die o.a. Problematik nicht im Sinne des Bürgerschaftsbeschlusses vom 8. Juni 2011 geklärt ist.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Michael Joho

Die „Soziale und Pädagogische Initiative St. Georg (SOPI)“ ist ein Zusammenschluss von sozialen, pädagogischen, schuli-schen, kulturellen, gesundheitsorientierten Einrichtungen sowie dem Einwohnerverein St. Georg von 1987 e.V. und trifft sich seit über 25 Jahren einmal im Monat, um anstehende Probleme des Stadtteils zu beraten.

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