Werden wir es erfahren? Zum Brand in Backnang einige Presseauszüge

Tagesspiegel
"Acht Menschen sind erstickt und verbrannt, darunter ein sechs Monate altes Baby und seine Mutter, die offenbar ins brennende Haus lief, um ihre Kinder zu retten: eine Tragödie, die Türken und Deutsche enger zusammenbringen sollte. Stattdessen zeigt der Fall den tiefen Graben zwischen beiden Ländern.

Nach dem Feuer von Backnang trauen die türkische Öffentlichkeit und die türkische Regierung den deutschen Rechtsextremisten zu, acht unschuldige Menschen ermordet zu haben – und den deutschen Behörden trauen sie zu, diese Gewalttat verschleiern zu wollen."

Süddeutsche Zeitung
"Die politische Dimension des Unglücks wird dann auch in Backnang offensichtlich, als am Nachmittag der türkische Botschafter Avni Karslioglu in das Gemeindezentrum kommt. Die Polizei hat extra einen Beamten mit türkischen Migrationshintergrund geschickt, als Symbol und zum Dolmetschen.

Bei einer Pressekonferenz greift sich dann nicht der Polizeichef von Baden-Württemberg, Wolf Hammann, das Mikrofon, sondern der Botschafter, der ohne deutsche Einleitung auf türkisch spricht, minutenlang. Um danach auf Deutsch zu erklären, dass er die Staatsanwaltschaft besucht habe und dass ihm die Ermittler versichert hätten "alle möglichen Hintergründe" zu untersuchen: fremdenfeindliche, kriminelle und technische."

FR
"Klaus Hinderer ist ein Polizist, dessen Arbeit im Großraum Waiblingen geschätzt wird. Seit zwölf Jahren arbeitet Hinderer als Polizeisprecher, er gilt als ruhig und verlässlich. Bundesweit und international hat er mit seiner Bemerkung über die Brandursache im schwäbischen Backnang bei türkischen Verbänden und Politikern allerdings für Misstrauen gesorgt. Nachdem die Flammen in dem Haus gerade gelöscht waren, hatte der Polizeisprecher öffentlich erklärt, dass er einen fremdenfeindlichen Anschlag so gut wie ausschließen könne.

Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül erinnerte daran, dass es in der Vergangenheit in Deutschland Feuer, Brandstiftungen, Morde an türkischen Bürgern gegeben habe. Die Türkei werde der Sache auf den Grund gehen, erklärte er. Der islamische Verband Ditib verlangte, dass die Polizei einen ausländerfeindlichen Hintergrund nicht ausschließen dürfe. „Die türkischen Mitbürger und die Angehörigen der Opfer würden sich wünschen, dass die Polizei sagt: ‚Wir ermitteln in alle Richtungen‘“, sagte Bekir Alboga vom Bundesvorstand des größten islamischen Dachverbands in Deutschland. Dies sei nicht geschehen."

TAZ
"Das tief sitzende Misstrauen auf türkischer Seite gegen die schnellen Erklärungen der deutschen Behörden hat gute Gründe – nicht nur wegen der NSU-Mordserie, deren Aufdeckung schließlich die dunkelsten Ahnungen bestätigte, sondern auch wenn man die Region gut kennt. Denn Backnang liegt im Rems-Murr-Kreis, der in Baden-Württemberg als Hochburg der rechtsextremen Szene berüchtigt ist. In den letzten Jahren machte die Region immer wieder durch Schmierereien, Beleidigungen und gewalttätige Übergriffe bis hin zu Mordversuchen negativ auf sich aufmerksam. Bei den letzten Kommunal- und Landtagswahlen kam die NPD hier in manchen kleinen, ländlichen Gemeinden auf bis zu 5 Prozent der Stimmen. Daneben treiben Neonazis hier als sogenannte Freie Kräfte ihr Unwesen – etwa bei den „Nationalen Sozialisten Schwaben“, der „Aktionsgruppe Rems-Murr“, der „Freien Kameradschaft Fichtenberg“ oder der „Anti-Antifa Ludwigsburg“. Die Gaststätte Linde in Schorndorf-Weiler, nicht weit von Backnang entfernt, galt bis zu ihrer Schließung als bekannter Treffpunkt der Szene. Im April 2011 zündeten Faschisten ganz in der Nähe eine Gartenlaube an, in die sich mehrere junge Männer vor dem rechten Mob geflüchtet hatten; einige von ihnen wurden schwer verletzt."

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