Zur Dokumentation: Drei Pressemitteilungen der vergangenen Tage

1.: Veranstaltung zum Polizeiskandal in Dessau
Oury Jalloh’s Tod in der Gewahrsamszelle Nr. 5 – War es Mord?

2. Zomia ist umgezogen

3. "Freigegeben ab 16 Jahren" mhc kritisiert Altersfreigabe
des Films "Romeos"

@1.)
11. Dezember 2011
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Pressemitteilung
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Veranstaltung zum Polizeiskandal in Dessau
Oury Jalloh’s Tod in der Gewahrsamszelle Nr. 5 – War es Mord?

14. Dezember 2011 - 19:00 Uhr
Universität Hamburg, Von Melle Park (VMP) 6, Hörsaal E

Der 7. Januar 2005 ist ein Freitag. Es ist morgens gegen 8 Uhr und es ist kalt.
Oury Jalloh hat Liebeskummer. Gerade mal 21 Jahre alt und von dunkler Hautfarbre läuft er betrunken auf den Straßen Dessaus herum und bittet vier 1 €-Jobberinnen, ihr Mobiltelefon benutzen zu dürfen, weil er seine Freundin anrufen muss. Die Frauen fühlen sich belästigt und rufen die Polizei. Als zwei Beamte vor Ort erscheinen, steht Oury Jalloh in einiger
Entfernung an eine Hauswand gelehnt, die Situation ist entspannt. Sie eskaliert, nachdem die Beamten den Ausweis von Oury Jalloh verlangen. Es kommt zum verbalen Streit und zu Handgreiflichkeiten. Irgendwann liegt Jalloh bäuchlings auf dem Boden, schreit, wird gefesselt, in den Funkstreifenwagen geschleppt und zum Revier gefahren. Ohne jede Rechtsgrundlage wird ein Programm durchgezogen, an dessen Ende die an Händen und Füßen angekettete Leiche von Oury Jalloh verkocht und verkohlt in der Gewahrsamszelle Nr. 5 vorgefunden wird. Wenige Stunden nach Feststellung des Todes geht das Gerücht, Jalloh habe sich selbst angesteckt. Wie, weiß man nicht. Die Zelle ist gefliest, was kann da überhaupt brennen? Drei Tage nach dem Brand auf einmal die Entdeckung: In einem Beutel mit Brandschutt wird ein verschmorter Feuerzeugrest gefunden. Der war den Brandermittlern in der Zelle nicht aufgefallen, obwohl sie jeden Zentimeter mit den Händen durchsucht hatten.

Das Landgericht Dessau musste zur Durchführung des Verfahrens gezwungen werden. Erst im März 2007 begann der Prozess wegen des Todes von Oury Jalloh vor dem Landgericht Dessau. Angeklagt sind zwei Beamte des Polizeireviers Dessau. Der eine, weil er Oury Jalloh nicht gründlich genug nach einem Feuerzeug durchsucht habe, der andere, weil er nach Auflaufen des Feueralarms als verantwortlicher Dienstgruppenleiter nicht schnell genug die Kontrolle der Zelle vorgenommen habe.
Im Dezember 2008 werden beide Polizeibeamte freigesprochen. Das Urteil geht davon aus, dass Oury Jalloh sich selbst angezündet hat und der Polizei nichts vorzuwerfen sei.

Von der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage wurde - nur gegen den Dienstgruppenleiter - Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil aus Dessau im Januar 2010 auf
und verwies es zur neuen Verhandlung an das Landgericht Magdeburg. Seit Januar 2011 wird dort die Anklage erneut verhandelt.

Mouctar Bah ist Freund des Oury Jalloh und Initiator der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V. "Break the Silence". Seiner unermüdlichen Arbeit ist es zu verdanken, dass es überhaupt zum Prozess gegen die Polizeibeamten gekommen ist. Aktuell fordert die Initiative die Einsetzung eines neuen, internationalen Brandgutachters durch das Gericht in Magdeburg. Welche Hürden, persönliche Anfeindungen und offenen Rassismus er
bei seinem Bemühen erlebte, wird Mouctar Bah schildern.

Gabriele Heinecke ist Rechtsanwältin aus Hamburg und vertritt Mitglieder der Familie Jalloh’s in der Nebenklage vor dem Landgericht Magdeburg. Inzwischen ist herausgearbeitet,
dass Polizei und Staatsanwaltschaft nie ergebnisoffen ermittelt, sondern von Beginn an das Ziel verfolgt haben feststellen zu lassen, dass Oury Jalloh sich selbst angezündet hat. Beweise, die für diese Annahme sprechen, gibt es nicht. Gabriele Heinecke berichtet darüber, wie die Polizei nach dem Brand eine Zeugenbetreuung organisierte, wie wichtige Beweismittel verschwanden, Videoaufnahmen der Kriminaltechnik an entscheidenden Stellen abbrechen, angeblich in der Zelle aufgetretene Stromausfälle die Beweissicherung behindert haben und – quasi aus dem Nichts – ein Feuerzeug auftaucht, das das Tatwerkzeug gewesen sein soll.

Hamburg, den 11.12.2011

@2.)
Zomia ist umgezogen – alles ist offen: Presse-Einweihung am Samstag

Am Samstag den 10.Dezember, 14.00 Uhr, laden wir zur Presse-Einweihung und zur Vorstellung unseres temporären Zuhauses ein, wo die Zomia Wagen inzwischen - fast - alle eingetroffen sind. Kommt und schaut es Euch an! Auch die Fahzeuge und Wagen von Zomia, die am Straßenrand und auf Hinterhöfen stehen bis eine längerfristige Alternative erreicht ist, finden sich am Samstag ein, um ein Bild zu vermitteln: Wie würde es aussehen - wenn Zomia dauerhaft mit allen Wägen vor dem Haupteingang des Pflegezentrums steht.

Es ist uns in jeder Hinsicht nicht leicht gefallen, aber: Zomia ist in der letzten Woche umgezogen – vom Ernst-August-Kanal in Wilhelmsburg (Bezirk Mitte) auf eine Fläche vor dem Eingang des Pflegezentrums am Holstenkamp 119 in Bahrenfeld (Bezirk Altona). Dort wird Zomia bis zum 15.Januar 2012 bleiben – so ist es zwischen dem Bezirk Altona und Zomia vereinbart. Denn allen Beteiligten ist klar: Dort ist kein Wagenplatz möglich! Bis dahin soll eine längerfristige Lösung für den sechsten Wagenplatz in Altona und evtl. auch in anderen Bezirken gefunden sein.

Hintergrund:
Warum seid ihr umgezogen, lautet die Frage der letzten Tage? Die
Antwort ist kompliziert und ein Konglomerat des Prozesses im letzten Jahr. Es geht uns von Beginn an um einen neuen Wagenplatz in Hamburg. In den letzten Woche ging es viel um die Frage: Welche Perspektive hätte ein solcher nach einer gewaltsamen Räumung in Mitte? Wir woll(t)en bis zum Schluss nicht glauben, dass ein Markus Schreiber mit seiner Recht- und Gesetz-Rhetorik und seiner generellen Hetze gegen Wagenleben die regierungspolitische Rückendeckung in Hamburg bekommt, die er nun erhalten hat. Es ist für uns auch jetzt noch absurd, dass die einzige Reaktion auf einen juristisch genehmigungsfähigen Wagenplatz auf einer Fläche gegen die „fachbehördlich“ nix spricht (BSU Januar 2011, Oktober 2011) im Bezirk Mitte eine Räumung sein soll.

Klarzustellen, dass dies nicht der adäquate Weg für eine verbal-rhetorisch so „offene“, „alternative“, „tolerante“, „nachhaltige“ und „sozialdemokratische“ „Metropole“ ist, wäre ein leichtes gewesen. Bis zum Schluss hat der Senat öffentlich
>geschwiegen um dann zum finalen Showdown im Altonaer Rathaus hinter geschlossenen Türen eine Erklärung verlesen zu lassen : „Die Freie und Hansestadt Hamburg“ machte eine Ansage „von ganz oben“: „Sofort“ bis „unverzüglich“ habe Zomia sich auch dem Holstenkamp einzufinden (dort und nirgendwo anders in der Stadt). Andersfalls würde die „Freie und Hansestadt Hamburg“ sich mittels jeglicher öffentlicher Stelle, Fläche, Amt oder Verwaltung auch nur einem Gespräch mit Zomia verweigern. „Jedes weitere Gespräch wird nur geführt, wenn sie vom Holstenkamp anreisen“. Und Schreiber würde seine heiß ersehnte und notwendige innenbehördliche Genehmigung und seine Wagenplatzräumung endlich bekommen - die er in Wilhelmsburg auch schon beim örtlichen Bauhof terminiert hatte. Zuvor hatte es immer neue Räumungsultimaten in immer kürzeren Abständen gegeben, medial verwurstet in zunehmend martialischer Sprache, nicht nur vom Bezirk Mitte, sondern passend abgestimmt auch vom Bezirk Altona. „Denken Sie nicht, dass Sie einen Keil in die Hamburger SPD treiben können“ hieß es, wenn nicht gerade betont wurde, dass selbstverständlich kein Zusammenhang oder gar gewisse wechselseitige Beziehungen zwischen den Hauptsache SPD-regierten Bezirke und dem SPD-Senat bestehen. Warum Altona Ultimaten ausgesprochen hat, warum ein Umzug plötzlich so schnell gehen musste, warum der Holstenkamp? Da muss mensch wohl die SPD fragen.

Was ist das da mit dem Holstenkamp, ist eine weitere Frage? Die Fläche am ist für einen Wagenplatz ungeeignet. Nicht nur, dass dort bereits Mitte Dezember Bauarbeiten beginnen, ein Abriss Anfang Januar und Neubauten für sozialen Wohnungsbau direkt danach: Zomia ist mit ihrem neuen Standort genau vor dem Haupteingang des Pflegezentrums Lutherpark gelandet, zwischen Laternen und Parkbänkchen auf der Spazierwiese. Bis 15. Januar soll aber eine längerfristige Lösung in Altona, evtl. auch in anderen Bezirken gefunden sein.
Und: Glaubt ihr wirklich daran?
Einerseits: Nachdem machtvollen Prozess, der uns an den Holstenkamp gebracht hat, nach Hamburger Machtspielchen deluxe sind wir skeptisch.
Auch als Zomia zur ersten Ortsbegehung auf der neuen Fläche eintraf, offenbarte sich die Vorgehensweise Hamburger Politik: das direktest anliegende Pflegeheim wusste nichts von seinem Glück, Flächenverwalter_innen waren zum Termin nicht eingeladen und die Stadt hatte in Zusagen über Häuser verfügt, die ihr nicht gehören, sondern zum Beispiel dem Projekt „Hütten und Paläste“.
Anderseits: Es gibt die öffentliche Zusage, einen längerfristigen Platz zu finden, dafür wurde ein Prozess mit einem wöchentlichen Treffen am Freitag in Altona initialisiert. Darüber hinaus gibt es aber auch einzelne Personen in Politik und Verwaltung unabhängig ihrer Parteizugehörigkeit, die aktuell verschiedene Flächenoptionen suchen und prüfen. Wie wohlwollend diese Optionen und Luftblasen von Entscheider_innen behandelt werden, wird sich erst am Ergebnis beurteilen lassen.
Und unabhängig davon: beeinflusst öffentliche Meinung und Solidarität die Chancen für einen sechsten Wagenplatz.

Über Vorschläge/Ideen für Flächen, Plätze oder Hinterhöfe in Altona aber auch in anderen Bezirken (nicht Mitte...) sind wir dankbar.

Ist das Glas leer und alles vorbei oder ist das Glas halbvoll, weil es einen sechsten Wagenplatz in Hamburg gibt? Diese Frage denken wir nun mit einem „sowohl als auch, wir werden es noch sehen“ beantwortet zu haben.

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Wagengruppe Zomia
Blog: http://zomia.blogsport.eu
Twitter: http://twitter.com/wp_zomia
Newsletter: https://lists.riseup.net/www/subscribe/zomia

@3.)
*Presse-Mitteilung des mhc, 08.12.2011*

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*„Freigegeben ab 16 Jahren“*

*mhc kritisiert Altersfreigabe des Films „Romeos“ durch die FSK*

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Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, FSK (zuständig für die Altersfreigaben von Filmen) hat entschieden den Film „Romeos“ erst ab 16 Jahren freizugeben. Die Produktionsfirma und die Regisseurin hatten eine Freigabe ab 12 Jahren beantragt.

Die FSK leitet ihre Einstufung ab aus der Darstellung der angeblich „einseitigen Welt von Homosexualität“ ab, die zu einer „Desorientierung der sexuellen Selbstfindung“ führen könne. Darüber hinaus spiegle der Film eine „verzerrte Realität“ wider.

Das mhc ist schockiert und sehr verärgert über diese homo- und transphobe Grundhaltung der FSK.

Die mhc-Gruppe „trans*normal“ für junge und jugendliche Trans* bis 26 Jahre durfte in diesem Jahr „Romeos“ auf den Lesbisch-Schwulen Filmtagen als Abschlussfilm präsentieren.

Bei „trans*normal“ stieß der Film auf außerordentlich positive Resonanz, weil endlich ihre Lebenswirklichkeit auf respektvolle und unterhaltsame Weise in einem Kinofilm gezeigt wurde. Transsexualität ist in dem Film keine psychische Störung, sondern einfach Teil des Lebens. Wir schätzen den Film auch für Jugendliche zwischen 12 und 15 Jahren als wichtig und empfehlenswert ein.

Der Vorstand der UHA e.V. (Trägerverein des Magnus-Hirschfeld-Centrums) hat die FSK in einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert, den Film ab 12 Jahren freizugeben.

_Kontakt:_ Tel: 040.278 778 00 oder info [at] mhc-hamburg [dot] de
<mailto:info [at] mhc-hamburg [dot] de>

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