«This is so not what I wanted« soll über der Hamburger Kunsthalle wehen, in die eine »klasse Gesellschaft« nur noch Menschen mit bestimmten körperlichen Merkmalen hineinlässt. Stefan Marx hat das Banner mit dieser Aufschrift geschaffen. Gemeinsam mit Lars Eidinger wurde er von der Kuratorin Sandra Pisot eingeladen, die Ausstellung Klasse Gesellschaft in der Hamburger Kunsthalle mitzugestalten.
Stefan Marx
«This is so not what I wanted« soll über der Hamburger Kunsthalle wehen, in die eine »klasse Gesellschaft« nur noch Menschen mit bestimmten körperlichen Merkmalen hineinlässt. Stefan Marx hat das Banner mit dieser Aufschrift geschaffen. Gemeinsam mit Lars Eidinger wurde er von der Kuratorin Sandra Pisot eingeladen, die Ausstellung Klasse Gesellschaft in der Hamburger Kunsthalle mitzugestalten. Der Titel könnte in die Irre führen, denn es geht im Kern um die niederländische Genremalerei des 17. Jahrhunderts, doch er deutet ein Terrain an, auf dem Neues ausprobiert werden soll – und dies nicht, um die alten Meister mit zeitgenössischen Künstlern zu verjüngen, denn das haben sie gar nicht nötig, sondern um der Wahrnehmung neue Chancen zu geben. Das heißt auch dem Betreten dieses Raums. So Geschehen beim Presserundgang durch die Ausstellung, dessen routiniert raschem Tempo angesichts der engmaschigen Agenden von Medien und Journalisten Lars Eidinger entschieden Einhalt gebot. Mit dem Wissen des Schauspielers, wie Präsenz funktioniert, forderte er die Anwesenden energisch zum Gespräch heraus, denn ohne die anderen funktioniert (auch) Kunst nicht. Seine Fotos sind Blitzlichter der Einsamkeit. Denn worum geht es hier eigentlich? Um die Abarbeitung vorgefertigter Pläne, also Denk- und Wahrnehmungsmuster, bevor man schon wieder zum nächsten Glied in der wesentlich immergleichen Kette übergeht? Oder gab es da nicht einen Auftrag der Kunst und ihrer Vertreter: etwa die Veränderung von Wahrnehmung – Fremd- UND Selbstwahrnehmung (denn die funktionieren zusammen)? Bewusstwerdung von Grenzen (die eigenen sind die des anderen) und deren Aufbrechen? Das Wagnis einzugehen, die Einsamkeit des abgetrennten Selbst zur Gemeinsamkeit – Ganzheitlichkeit und Einsheit – hin zu transzendieren?
»This is so not what I wanted«. Ich habe lange gezögert, der Einladung in einen Raum der Ausgrenzung des anderen, der ich selbst bin, zu folgen. Ich will mich nicht wohlfühlen in den ästhetischen Spiegelungen dieser wunderschönen Bilder und des intellektuellen Spiels, zu dem sie verlocken, auch wenn die Verführung spürbar bleibt. Nicht damals. Nicht heute. Ich nehme sie als Herausforderung an, mich über meine ein- und also abgrenzende Wahrnehmung der Einsamkeit, die Tod ruft, hinausführen zu lassen in ein gemeinschaftliches Betreten der absolut lichten Offenheit, aus der niemand jemals mehr ausschließbar ist.
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